Herrendorf Inneneinrichtungen beweist zeitgeistig, dass bestimmte Dinge nicht
digital begriffen werden können. Mit dem Reopening des Charlottenburger
Showrooms in der Lietzenburgerstraße 99 wird manifest, dass Design keine
Angelegenheit nur für die Augen ist, sondern mit allen Sinnen erfahren werden
muss. Die neue Herrendorf-Welt ist ebenso opulent und laut wie elegant und
erhaben.
Seit fast 40 Jahren begleitet das Westberliner Einrichtungshaus Herrendorf
anspruchsvolle Designliebhaber in ihren Einrichtungsvorhaben. Was 1983 aus Thomas
Herrendorfs Faszination für außergewöhnliche Textilien in der Fasanenstraße entstand, ist
heute ein international agierendes Unternehmen mit eigener Planungsabteilung für
maßgeschneiderte Einrichtungslösungen. Rechtzeitig, kurz vor dem 40 jährigen Bestehen
der Marke Herrendorf, erhält der Flagshipstore in der Lietzenburger Str. 99 ein
aufwändiges Remake.
Dafür holt sich das Geschäftsführerduo der Gruppe, Claudia Ruhsek und Arno Schneider,
einen klingenden Namen ins Haus. Die Kooperation mit Fabian Freytag zeigt par
excellence wie im Zusammenspiel verschiedener Expertisen aus hochwertigem
Produktsortiment und gekonntem Materialeinsatz ein kulturelles Erlebnis entstehen kann.
Designgegenstände werden mit vintage Einzelstücken und zeitgenössischen
Kunstobjekten kombiniert. Satte Farben rahmen die Einrichtungen. Trittsicher versteht das
Trio, die vermeintlichen Wirren vergangener Epochen zu ordnen, wie es nur ihre
jahrzehntelange Erfahrung möglich macht. Das Denken in Salons ist ein Herrendorf-
eigenes Stilmittel. Jeder Raum ist eine abgeschlossene Komposition; eine mögliche
Antwort auf die Frage, wohin uns Ästhetik führen kann ohne dabei die Freiheit für
individuelle Inspirationen zu nehmen.
Im Parterre verbinden mit Naturstein vertäfelte Portale die aneinandergereihten
Wohnkonzepte. Verschiedene Deckenmodellagen erwecken den Anschein, jeder Salon
sei in eine andere Grundarchitektur gebettet. Es geht nicht um einzelne Marken. Keine
Ware wird feil geboten. Es geht um das Gesamtkonzept, um das Gefühl dessen, was
möglich ist. Der holistische Ansatz lässt vergessen wo man ist und entführt die Gedanken
in Hochhauspenthäuser amerikanischer Ostküstenmetropolen. Durch den Einsatz
aufwändig gearbeiteter Details, wie einer de Gournay Tapete aus der Diaghilev Collection
im Stile des Art Déco, wird die Illusion perfekt. Aus einem Schlafzimmer wird eine Ode an
die Handwerkskunst. In der Enfilade entsteht eine reiche Collage an Farb- und
Materialmöglichkeiten.
In der bel étage werden die Potentiale Westberliner Altbauwohnungen ausgelotet. Die
gründerzeitlichen Doppeltüren treten in sanftem Grau zurück und werden durch
portikusähnliche Passepartouts zu ihren historischen Vorbildern in Bezug gesetzt.
Monochrome Farbpaletten und exzentrische Muster fordern elegant die historisierenden
Details des Gebäudes heraus. Feinfühlig werden Objekte verschiedenster Jahrzehnte mit
Einflüssen aus aller Welt arrangiert. Die Capricen reichen von Murano bis Paris. Befand
man sich eine Etage tiefer gedanklich noch an der Upper Eastside so wird man im
Obergeschoss am treffendsten in die Residenzen des arrondissement de Passy entführt.
Das Ergebnis ist das Manifest einer echten Herrendorf Maxime: Es braucht Zuhause
Klarheit – trotz aller Opulenz.
Die Zusammenarbeit von Claudia Ruhsek, Arno Schneider und Fabian Freytag zeugt von
geteilter Leidenschaft und unbändiger Kreativität. Von ihrer Neugierde für die Welt der
Ästhetik und einer mutigen Vision, Räumen eine Identität zu geben, die keinen Regeln
folgt.
Mit dem umfangreichen Umbau des Stammhauses gelingt es, die Tradition von
Herrendorf in der Gegenwart zu verankern und in eine neue Klassik zu überführen.
Entstanden ist ein wahr gewordenes Rabbit Hole für Wohnen.
Dominic von Vlahovits